EIN EHRLICHES INTERVIEW MIT DEM KÜNSTLER
Frage 1:
Warum hast du dich in deiner Fotokunst auf Landschaft, Spiritualität und Zeit spezialisiert?
Als Kind bin ich direkt am Waldrand aufgewachsen und habe die meiste Zeit mit Höhlebauen und Spielen im Wald und BMX fahren verbracht.
Spiritualität hat mich da weniger interessiert..
Als ich 9 Jahre alt war und auf einer Rüstzeit mit den christlichen Kindern der Gemeinde zusammen war, standen wir Kinder alle mit dem Pfarrer in der Kirche und sollten alle still sein, weil er etwas erzählt hat.
Ich weiß nicht wieso, aber ich habe mit meinem Freund einen Lachkrampf bekommen. Daraufhin hat uns der Pfarrer sehr wütend aus der Kirche geworfen.
Das hat mich nachhaltig geprägt und ich wollte nach diesem Ereignis nicht wieder in die Kirche. So groß war meine Angst.
Danach gab es für mich lange Zeit nichts zum Thema Gott, Religion, Spiritualität, …
Als ich dann als 13-jähriger mit Graffitisprayen anfing, war das für mich die Rettung.
Meine ganze Energie ging in das Zeichnen. Ich entdeckte für mich eine neue Wahrnehmung und es machte mir richtig Spaß.
1990 verlor ich kurz nach der Öffnung der Mauer 3 meiner Freunde bei einem Verkehrsunfall.
Ein Hermes Fahrer war am Steuer eingeschlafen und fuhr in das Familienauto. Wir hatten abends noch alle zusammen Fußball gespielt.
Was komisch und mystisch war, dass um das Familienhaus Krähen flogen. Das war genau der Zeitpunkt, als der Unfall geschah.
Für mich war es eine schlimme Zeit, weil auch 8 Wochen davor mein Patenonkel auf derselben Strecke mit dem Auto verunglückte.
Alles was mir blieb, waren Erinnerungen und Fotografien. Als ich mit dem Fotografieren anfing, war das meine treibende Kraft, meine Freunde so zu fotografieren, dass sie in Erinnerung blieben.
Meine Motivation war das Festhalten der Seele. Fotografie hat sich dadurch für mich wie ein Pausenknopf angefühlt.
Durch den Tod meiner Freunde und dann noch meines Patenonkels, begann ich mich dann intensiv mit dem Leben und dem Leben nach dem Tod zu beschäftigen. Parallel hatte ich im Graffiti einen Ausdruck gefunden, um meine Welt zu heilen.
Meine Ideen überschlugen sich. Ich flüchtete sehr früh und intensiv in die Kunst.
Frage 2:
Für wen ist deine Kunst gedacht?
Meine Kunst ist für Menschen mit gutem Karma gedacht 🙂
Für Menschen, die die Natur lieben und einen tieferen Sinn im Leben suchen.
Sie ist gedacht für Menschen, die nicht an Zufall glauben.
Als ich 2006 in Neuseeland war und mich seit Wochen nicht bei meiner Mum gemeldet hatte, griff ich zum Hörer. Es hat nicht einmal geklingelt, da war sie schon an der anderen Seite. Sie wollte mich auch gerade anrufen.
2001 saß ich in meiner Wohnung mit einem Model und malte eine Skizze, die ich später im Shooting umsetzen wollte.
Sie sollte eine Krankenschwester sein und im Hintergrund sollten Häuser brennen.
Als sie ging, bekam ich einen Anruf meines Freundes und er meinte die Twin Tower in Manhattan brennen.
Frage 3:
Warum denkst du, dass jeder einmal eine Pilgerreise machen sollte?
2004 war ich das erste Mal in Indien, in Sri Mayapur. 10 Mönche führten mich an diesen Ort in West Bengalen.
Die Reise war für mich alles andere als bequem.
Ich schlief für 6 Wochen ohne Matratze nur auf dem Ashram Boden – direkt auf den Steinen ohne Moskitozelt.
Ich musste jeden Morgen 4:30 Uhr aufstehen und in den Tempel zum Arati gehen.
Diese Zeit hat mich nachhaltig und positiv geprägt und bis heute gibt mir die Erinnerung an diesen Pilgerort täglich Kraft.
Die Zeremonien und die täglichen Abläufe haben einen sehr starken Eindruck in mir hinterlassen.
Seitdem versuche ich, das Erlebte auch in meinen Bildern aufzunehmen, um authentisch eine Situation im Gefühl wiederzugeben.
Ich begegnete Menschen, die sehr arm waren und trotzdem auf mich sehr glücklich wirkten.
Ich lernte, dass man einfach leben und hoch denken kann und dass es einem immer gut geht, wenn man Vertrauen hat.
Frage 4:
Welche emotionalen Momente hattest du selbst als Pilger in Indien?
Ich hatte noch vor meiner Abreise aus Deutschland von der heiligen Zahl 108 gehört. Ich hatte auch gehört, dass sich diese Zahl auch auf dem Rosenkranz und den indischen Gebetsketten wieder findet.
Ich musste damals mein letztes Geld zusammenkratzen, um mit nach Indien zu kommen.
Filme habe ich zum Teil geschenkt bekommen und habe mir selber so viele gekauft, wie es nur ging.
Am letzten Abend vor der Abreise zählte ich 108 Filme. Für mich war das wie ein Zeichen und ich glaube auch nicht an Zufall.
Als ich in Indien in einer heiligen Stadt morgens meinen ersten Spaziergang mit der Kamera machte, entdeckte ich einen kleinen Jungen im Gegenlicht auf einer Müllhalde und fotografierte ihn.
Mir klopfte ein alter Mann währenddessen auf die Schultern und bat mich Bilder zu machen, die das spirituelle und nicht das materielle Indien, mit all dem Dreck und Gestank zeigen . Das waren für mich prägende große Ereignisse.
Und Tage danach ist genau dieses Werk entstanden.