Die Stille in der Bewegung – 6 japanische Wege zur inneren Klarheit

2016 stand ich barfuß im feinen Kies eines Zen-Gartens in Kyoto. Der Morgen war kühl, fast durchscheinend. Zwischen den akkurat geharkten Linien und dem stillen Moos wurde mir etwas bewusst, das mein Leben – und meine Kunst – verändern sollte: Faulheit ist nicht das Fehlen von Energie. Sie ist das Fehlen von Richtung.

Sechs Techniken aus der japanischen Philosophie begleiten mich seither – nicht als Dogma, sondern als leise Impulse. Wie das Rauschen eines Bambuswaldes, das nur hörbar ist, wenn man still wird.

1. Ikigai – Der Grund, morgens aufzustehen

Ikigai ist mehr als Motivation. Es ist die leise, kraftvolle Antwort auf die Frage: Warum bin ich hier?

In meiner Fotografie war es nie das Ziel, schöne Bilder zu machen. Es war das Bedürfnis, Zeit sichtbar zu machen. Ewigkeit zu berühren. Mein Ikigai zeigt sich in jenen Momenten, wenn ein Kind mein Werk anschaut und innehält. Wenn ein Sammler sagt: „Dieses Bild erinnert mich daran, wer ich wirklich bin.“

Ikigai ist kein Ziel. Es ist ein inneres Feuer.

Und es brennt.

2. Kaizen – Die Kraft kleiner Schritte

Als ich begann, in Infrarot zu fotografieren, war nichts perfekt. Die Technik sperrig, die Ergebnisse unvorhersehbar. Aber ich blieb dran. Jeden Tag ein Schritt. Ein Bild. Ein Gedanke.

Kaizen hat mich gelehrt, dass große Kunst aus winzigen Entscheidungen entsteht. Dass ein Meisterwerk nicht auf einen Schlag entsteht – sondern durch ständige Verfeinerung.

Faulheit stirbt dort, wo der kleinste Fortschritt gewürdigt wird.

3. Die Pomodoro-Technik – Zeit ist ein Kreis

In meiner Arbeit nutze ich diese Methode oft intuitiv. 25 Minuten voller Fokus – keine Ablenkung. Dann eine Pause.

Wenn ich Bildtexte schreibe oder große Konzepte entwickle, arbeite ich in Kreisen. Wie die Ringe eines Baumes.

Faulheit entsteht oft durch Überwältigung. Pomodoro zerlegt den Berg. Schritt für Schritt. Atemzug für Atemzug.

4. Hara Hachi Bu – In der Begrenzung liegt die Freiheit

Die Weisheit, nur zu 80 % satt zu essen, übertrage ich auf meine Kunst:

Nicht alles muss erklärt werden. Nicht jede Fläche muss gefüllt sein.

Auch in meinem Leben bedeutet Hara Hachi Bu: Nein sagen. Genug ist genug.

In der Einfachheit liegt Stärke – und Raum für Wachstum.

5. Shoshin – Der Anfängergeist

2016 in Japan habe ich wieder gelernt zu sehen. Nicht wie ein Profi. Sondern wie ein Kind.

Shoshin bedeutet, mit offenem Herzen zu lernen. Ohne Arroganz. Ohne Gewohnheit.

Ich fotografiere heute nicht, weil ich es kann. Ich fotografiere, um zu staunen.

Faulheit stirbt dort, wo Neugier beginnt.

6. Wabi Sabi – Die Schönheit des Unvollkommenen

Wabi Sabi ist der Fluss in mir, wenn ich ein altes Haus am Straßenrand fotografiere.

Es ist das Staunen über einen Fleck auf einem Bergsee, über eine rostige Türklinke im Tempel.

Meine Bilder dürfen Fehler haben. Rauschen. Schatten.

Denn das Leben ist nicht perfekt – und genau das macht es wertvoll.

Und du?

Vielleicht hast du dich selbst schon verurteilt, weil du „faul“ warst.

Aber vielleicht hat dir nur der innere Kompass gefehlt. Vielleicht warst du nicht träge – sondern orientierungslos.

Diese Techniken sind keine Regeln. Sie sind Einladungen.

Zur Präsenz. Zur Langsamkeit. Zur Rückverbindung mit dem, was dich wirklich trägt.

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