"OM" DER HEILIGE KLANG AUF DEM HOCHHAUSDACH
Das Leuchten der Nacht
Ich versuche den Orten eine neue Bedeutung zugeben, indem ich sie stundenlang belichtet.
Wie lange mag ich da oben gestanden haben? Drei Stunden? Die halbe Nacht? Auf jeden Fall habe ich mir für meine Panoramaaufnahme „Berliner Dom V“ (Bild oben) über den Dächern der Hauptstadt viel Zeit gelassen, um eben so die Zeit einzufangen. Das tue ich oft. Ich wartet nicht wie z.B. ein Tierfotograf auf den einen perfekten Augenblick oder darauf, bis sich etwas vor der Kamera bewegt, sondern ich bringt die Bewegung selbst ins Bild. Und das dauert.
Indem ich meine Motive langzeitbelichtet, trage ich Licht - und damit Dynamik - ins Dunkel meiner Bildräume und (Stadt-)Landschaften. Es ist ein geheimnisvolleres Licht , Berlin wirkt richtig bunt bei Nacht.
Durch die lange Belichtung erkenne ich ein anderes — Wesen der Dinge. Die Kunsthistorikerin Wibke von Bonin schrieb einmal über meine Fotografen im Vorwort meines erschienenen Bildbands „Visions of Time“ mit der Überschrift „Magier des Lichts“.
Auch die anderen hier abgebildeten Aufnahmen stammen aus diesem Buch.
Das Hochformat rechts, das eine auf einem Dach mitten in New York meditierende Frau zeigt, heißt „Coming down“.
Obwohl die Lichter am Chrysler-Gebäude und in den Fenstern der Wolkenkratzer fast blenden, strahlt die Aufnahme Ruhe aus.
Das zweite Bild von oben, „Treptower Park“, dagegen sprüht vor Energie. Es ist als stünde der Baum in Flammen. Der Baum auf Bild „Comeback“ ganz unten wiederum sieht im grünen Lichtkegel aus, als sei er Teil eines Zauberwalds.
Für mich hat Fotografie viel mit Malerei zu tun. Fotografie bedeutet, mit Licht zu zeichnen wie ein Blatt Papier, auf das man seine Fantasien malt. Die Nacht ist wie ein weißes Blatt, nur eben dunkel, und ich zeichne drauf.